Das vom Land Baden-Württemberg geförderte Vorhaben »Rohstoffquelle Klärschlamm und Klimaschutz auf Kläranlagen« (RoKKa) verfolgt die Vision, die Trendwende zu einer Kläranlage als Bioraffinerie durch eine wertstoffzentrierte Verknüpfung von innovativen Verfahren klimafreundlich und partizipativ voranzutreiben. Durch die Einbindung der für den Gewässerschutz bereits effizient arbeitenden Infrastrukturen auf den Kläranlagen wird eine flächendeckende Übertragbarkeit und eine Verstetigung des Ansatzes Kläranlage als Bioraffinerie möglich.
RoKKa demonstriert anhand von insgesamt sechs Pilotanlagen auf der Kläranlage Erbach (Donau) die Produktion von Wertstoffen aus dem in einer Hochlastfaulung behandelten Teilstrom Klärschlamm. Die Stickstoff- und Phosphorrückgewinnung wird gekoppelt mit der Produktion von Mikroalgen. Carbon Capture and Utilization zu einer Basischemikalie wird am Beispiel des CO2 im Biogas pilotiert. In der Folge von RoKKa können Umweltschutzziele von Kläranlagen zukünftig mehrdimensional betrachtet werden (Gewässerschutz, Bioökonomie, Klimaschutz).
Förderzeitraum und Kennzeichen
Förderzeitraum:
08.11.2021 – 31.10.2024
Förderkennzeichen:
Projektskizze und Ziele
Mit dem Projekt soll demonstriert werden, dass es möglich ist, eine Kläranlage zur Bioraffinerie auszubauen. Neben dem Ziel der Abwasserbehandlung werden Rohstoffe aus dem Abwasser gewonnen. Durch die Vermeidung von Nährstoffrückbelastungen werden klimarelevante Emissionen reduziert und so ein Beitrag zur Klimaneutralität geleistet. Ziel ist, die Projekt-Ergebnisse großtechnisch auf Kläranlagen umzusetzen. Eine großtechnische Umsetzung unterstützt die Landesstrategie Nachhaltige Bioökonomie. Das Recycling von Phosphor und Stickstoff senkt den Einsatz fossiler Rohstoffe. Die Rohstoffrückgewinnung führt durch die Vermeidung von Frachtstößen ebenfalls zu einer Minderung der Treibhausgas-Emissionen. Die geplante Verknüpfung innovativer Verfahren kann zu einer intensiveren Kreislaufwirtschaft und mehr Klimaschutz beitragen. Neben der Ressourceneffizienzstrategie unterstützt das Vorhaben auch die Nachhaltigkeits- und Innovationsstrategie sowie die Klimaschutzziele Baden-Württembergs.
Das Filtrat aus der Hochlastfaulung enthält neben Stickstoff und Phosphor eine Vielzahl von Mikronährstoffen, die optimal direkt im Wasser genutzt werden können. Im Unterschied zu Pflanzen haben die Mikroalgen, die im dritten Pilotierungsbereich von RoKKa verwendet werden, die Fähigkeit, Ammonium direkt als Stickstoffquelle zu nutzen. Das Hauptziel der Pilotierung besteht darin zu zeigen, ob das Filtrat aus der Hochlastfaulung direkt als Quelle für Stickstoff, Phosphor und Mikronährstoffe für die Mikroalgenproduktion zur Herstellung von Beta-1,3-Glucanen dienen kann. Diese speziellen Polysaccharide haben pflanzenstimulierende Eigenschaften und können Pflanzen dabei unterstützen, sich gegen Pilzinfektionen wie Mehltau zu verteidigen, was wiederum den Einsatz von Fungiziden reduzieren kann.
Durch die Integration dieser Technologie in Pflanzenschutzkonzepte könnte der Bedarf an kupferbasierten Fungiziden, insbesondere im Bioanbau von Wein, Erdbeeren, Kartoffeln, Gemüse und Kräutern in Baden-Württemberg, verringert werden. Die Produktion von Beta-1,3-Glucanen mithilfe von Mikroalgen erfolgt in einem zweistufigen Prozess, der in geschlossenen Photobioreaktoren vom Typ Flachplatten-Airliftreaktoren durchgeführt wird. Hierbei wird ein Modul mit einem Arbeitsvolumen von 5 x 25 Litern und LED-Beleuchtung eingesetzt. Die Reaktoren sind durch ein patentiertes Verfahren miteinander verbunden. Die Kultivierungsbedingungen, wie beispielsweise Temperatur, Nährstoffkonzentration und verfügbares Licht pro Zelle bzw. Gramm Biomasse, beeinflussen das Inhaltsstoffprofil der Mikroalgen und ermöglichen eine gezielte Produktion. Durch die Limitierung bestimmter Nährstoffe, hier vor allem Stickstoff, werden unter ausreichender Versorgung mit Licht und CO2 Beta-1,3-Glucane angereichert.
Susanne Zibek
Dr.-Ing.Dozentin, Leiterin Bioraffinerietechnologie

Ricardo Reyes Alva M.Sc.
Doktorand, Bioraffinerietechnologie

Tobias Ebbing M.Sc.
Doktorand, Bioraffinerietechnologie